Pflegegrad 4

Lesedauer: ca. 5 Minuten

1. Was bedeutet Pflegegrad 4?

Pflegegrad 4 bedeutet, dass “schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit / der Fähigkeiten” bestehen. Der oder die Betroffene ist bereits ziemlich stark pflegebedürftig, hat schwere körperliche Einschränkungen, zum Beispiel kann die Person nicht mehr laufen und ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Oft bestehen auch geistige Einschränkungen, beispielsweise leidet die Person an einer fortgeschrittenen Form der Demenz oder auch an Morbus Parkinson.

2. Voraussetzungen für Pflegegrad 4

Um Pflegegrad 4 zugesprochen zu bekommen, ist die betroffene Person also erheblich in ihren Fähigkeiten eingeschränkt und braucht bereits ein hohes Maß an pflegerischer Unterstützung in nahezu allen Bereichen des alltäglichen Lebens.

Ein Beispiel: Adele P. (93) sitzt seit einer Unterschenkelamputation im Rollstuhl. Sie leidet zudem unter Morbus Parkinson im fortgeschrittenen Stadium und könnte auch mit einer Prothese nicht mehr laufen. Hilfe beim Großteil der Körperpflege, beim Zubereiten der Nahrung und für den Haushalt ist daher zwingend notwendig, da sie auch die Hände nur noch eingeschränkt bewegen kann.

Aufgrund ihres hohen Alters hat sie außerdem kaum noch soziale Kontakte, denn die meisten Freundinnen und Freunde, sowie ihren Ehemann und die Kinder, hat sie überlebt. Geistig ist sie zwar noch recht klar, aber aufgrund ihrer Situation hat sie oft depressive Phasen und eine gewisse "alles egal" Einstellung.

Die alte Dame braucht also außerdem jemanden, der zum Beispiel Behördengänge für sie erledigt, Termine vereinbart oder ihr einfach mehrmals in der Woche ein bisschen Gesellschaft leistet und sie aufmuntert. Der nette Student, dem sie die Einliegerwohnung im Haus vermietet hat, wäre dafür optimal geeignet. Für alle körperlichen Pflegeleistungen benötigt sie einen professionellen Pflegedienst. 

3. Der Pflegegrad-Antrag

Einen Pflegegrad zu beantragen ist zunächst einmal einfach. Entweder ruft man bei der Pflegekasse an und beantragt ihn telefonisch, oder man schreibt einen informellen Brief und sendet ihn an die Pflegekasse. Ist man dazu selbst nicht mehr in der Lage, kann dies auch eine bevollmächtigte Vertrauensperson tun.

Ist das passiert, meldet sich nach maximal 25 Tagen der medizinische Dienst und vereinbart einen Termin zur Begutachtung der zu pflegenden Person Die Begutachtung findet in ihrem Haushalt statt. An diesem Tag sollte die Person, die später für die Pflege zuständig sein wird, anwesend sein.

Am Tag der Begutachtung kommt ein Gutachter (eine Gutachterin) des Medizinischen Dienstes oder von MEDICPROOF (bei Privatversicherten). Dieser nimmt anhand eines komplexen Fragenkataloges (64 Fragen) die Begutachtung vor. Je nach Einschätzung vergibt er Punkte und ermittelt anhand derer den möglichen Pflegegrad. Nachdem dies erledigt ist, übermittelt er seine Empfehlung, zum Beispiel für Pflegegrad 4, an die Pflegekasse. Diese entscheidet dann, ob dem Vorschlag entsprochen wird.

4. Leistungen bei Pflegegrad 4

Pflegegeld 728,00€ pro Monat

Wird man als Pflegebedürftige oder Pflegebedürftiger von Angehörigen oder anderen nahestehenden Personen zuhause gepflegt, steht einem monatlich 728,00€ Pflegegeld zu. Das Geld wird monatlich auf das eigene Konto überwiesen.

Pflegesachleistungen 1.298,00€ pro Monat

Findet die häusliche Pflege ganz, oder zum Teil durch einen professionellen Pflegedienst statt, kann man Pflegesachleistungen im Wert von maximal 1.298,00€ beanspruchen. Diese werden direkt zwischen Pflegedienst und Pflegekasse abgerechnet. nimmt man aber mal die Pflegesachleistungen nicht in vollem Umfang in Anspruch, besteht die Möglichkeit, bis zu 40% (max. 677,00€) für Entlastungs- und / oder Betreuungsleistungen zu nutzen. Dieser Betrag wird Ihnen dann wie das Pflegegeld überwiesen.

Tages- und Nachtpflege 1.612,00€ im Monat

Zusätzlich zum Pflegegeld oder den Pflegesachleistungen stehen Ihnen monatlich 1612,00€ für Tages- und Nachtpflege zu. Bei der Nachtpflege werden Sie in eine geeignete Einrichtung gebracht und dort Ihren Bedürfnissen entsprechend versorgt. Ist die Betreuung daheim wieder gesichert, kehren Sie zurück.

Benötigen Sie eine Tagespflege, werden Sie ebenfalls zur entsprechenden Einrichtung gebracht und dort gegebenenfalls medizinisch behandelt und fachgerecht betreut.

Gut zu wissen: Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sind nicht im monatlichen Zuschuss einkalkuliert und müssen von Ihnen privat bezahlt werden.

Wichtig bei der Antragstellung: Unterschreibt nicht die Person mit Pflegegrad 4 selbst, sondern der / die Pflegende, muss dies immer als bevollmächtigter Vertreter oder bevollmächtigte Vertreterin geschehen, keinesfalls im eigenen Namen.

Kurzzeitpflege 1.774,00€ im Jahr

Wird bei einer pflegebedürftigen Person mit Pflegegrad 4 ein Krankenhaus-oder Pflegeheimaufenthalt notwendig, dann steht ihr für bis zu 4 Wochen (28 Tage) ein Betrag von 1.774,00€ für die Kurzzeitpflege zu. Bis zu 8 Wochen kann man Kurzzeitpflege beanspruchen, wenn gleichzeitig keine Verhinderungspflege genutzt wird. Der maximal verfügbare Geldbetrag erhöht sich in diesem Fall auf bis zu 3.386,00€. Zudem gibt es während der 8 Wochen noch 364,00€ Pflegegeld dazu.

Verhinderungspflege 1.612,00€ im Jahr

Jeder Mensch wird einmal krank, ist im Urlaub oder hat Termine, wegen denen er seinen Schützling nicht pflegen kann. In diesem Falle erhält die zu pflegende Person bis zu 1.612,00€ im Jahr für die sogenannte Verhinderungspflege. Damit kann für maximal vier Wochen entweder eine andere Person aus dem privaten Umfeld als Ersatz-Pflegerin oder Pfleger bezahlt werden, oder ein professioneller Pflegedienst. Wird keine Kurzzeitpflege benötigt, erhöht sich die Summe auf maximal 2.418,00€ und man kann bis zu sechs Wochen die Verhinderungspflege nutzen. Zudem erhält man in dieser Zeit noch 364,00€ Pflegegeld dazu.

Wichtig: Um Kurzzeit- oder Verhinderungspflege-Zuschuss zu erhalten, muss die zu pflegende Person mindestens 6 Monate vom gleichen Pfleger oder der gleichen Pflegerin gepflegt worden sein.

Vollstationäre Pflege 1.775,00€ im Monat

Wird man anstatt daheim in einem Pflegeheim / einer Pflegeeinrichtung gepflegt, bezuschusst die Pflegekasse dies mit 1.775,00€ im Monat. Der Rest muss selbst finanziert werden.

Anspruch auf Hausnotruf

Mit Pflegegrad 4 haben Sie nicht nur Anspruch auf 25,50€ im Monat für die Betriebskosten eines Hausnotrufes, sondern bekommen auch einmalig 10,46€ für den erstmaligen Anschluss dazu.

Anspruch auf kostenlose Pflegeberatung und Pflegekurse

Pflegende Personen haben  Anspruch darauf, Pflegekurse nach Wahl zu besuchen. So können sie sich für genau die Bereiche schulen lassen, die sie und ihr Schützling auch tatsächlich benötigen.

125,00€ Entlastungsbetrag pro Monat

Jeder Person mit genehmigtem Pflegegrad (1 - 5) steht ein Entlastungsbetrag in Höhe von 125,00€ im Monat zu. Davon kann zum Beispiel eine Reinigungskraft bezahlt werden, oder jemand, der kleinere Einkäufe für die betroffene Person erledigt. Abgerechnet wird die Leistung später mit der Pflegekasse.

Zuschuss zur Anpassung des Wohnraums

Gerade mit einem so hohen Pflegegrad wie Pflegegrad 4 ist es wichtig, dass der Wohnraum bei der häuslichen Pflege so gut es geht an die Bedürfnisse der zu pflegenden Person angepasst ist. Darum gewährt die Pflegekasse bis zu vier Personen in einem Haushalt mit anerkanntem Pflegegrad (1 - 5) 4000,00€ für den bedarfsgerechten Umbau, zum Beispiel des Bades oder auch der Türschwellen.

Erhöht sich der Pflegebedarf und man kommt in eine höhere Pflegestufe, kann gegebenenfalls nach Prüfung nochmal ein Zuschuss beantragt werden.

40,00€ Pauschale für Pflegehilfsmittel

Unter Pflegehilfsmitteln versteht man Verbrauchsprodukte, die regelmäßig in der häuslichen Pflege benötigt werden. Dazu zählen:

  • Händedesinfektionsmittel
  • Flächendesinfektionsmittel
  • Krankenunterlagen / Bettschutzeinlagen
  • Einmalhandschuhe
  • Essschürzen Einweg
  • Mund-Nasenschutz

Sie sollen Personen, die andere Personen (zum Beispiel Angehörige) im Privathaushalt pflegen, als Hilfestellung dienen. Hat man einen Pflegegrad zugesprochen bekommen, erhält man eine Box mit Hilfsmitteln, komplett von der Pflegekasse finanziert, also 40,00€ im Monat.

Der Wohngruppenzuschlag

Möchten Sie oder eine Person, die Pflegegrad 4 genehmigt bekommen hat, mit bis zu drei weiteren Personen mit anerkanntem Pflegegrad eine Wohngemeinschaft gründen, haben Sie / die Person zum einen Anspruch auf eine Einmalzahlung von 2500,00€ und zum anderen auf eine monatliche Zahlung von 214,00€. Davon kann beispielsweise eine Person entlohnt werden, welche die WG organisiert.

Quellen

Über Sabrina Sommer

Sabrina Sommer ist seit 2019 Mitarbeiterin der ARDMED. Mit ihrer langjährigen Erfahrung als Krankenpflegerin unterstützt sie uns redaktionell bei der Konzipierung und Erstellung von Fachtexten jeglicher Art. Ihr Schwerpunkt liegt bei der aufsaugenden und ableitenden Inkontinenz, aber auch mit den Produkten des Medizin- und Pflegebedarfs kennt sie sich bestens aus.


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